Der Pfeiferturm.
Vor über 90 Jahren erschien die Zeitungsbeilage „Der Pfeiferturm“. Sie wurde von 1933 bis 1943 in Bretten herausgegeben. Es war eine Zeitschrift, in der es auch um aktuelle Politik ging, aber man beschäftigte sich vorwiegend, ganz im Sinne des damaligen Zeitgeistes, intensiv mit Heimatgeschichte und Volkskunde. Wenn man sich dieses Hintergrundes bewusst ist, dann können diese Ausgaben eine wahre geschichtliche Fundgrube sein. Hunderte von Artikeln wurden von den Brettenern recherchiert und verfasst, die Nachfrage und das Interesse müssen damals groß gewesen sein.
Inhaltlich ging es um alltägliche Themen wie die Wirtschaften in Bretten oder Gespenstergeschichten aus Nussbaum, aber auch um Familiengeschichten und historische Themen wie das Freischießen, Melanchthon, die Burgruine oder die Belagerung anno 1504. Da überrascht es wenig, dass sich in der Ausgabe 1934/6 Rudolf Groll mit Glasers Reimchronik „Ain Spruch von dem wirtenbergischen Krieg“ beschäftigte.
Hans Glaser aus Urach ist als Büchsenmeister des Schreibens kundig und hält den Kriegszug nach Bretten direkt nach seinem Ende 1504 in Gedichtform fest. Wahrscheinlich hat er sich bereits unterwegs Notizen gemacht, denn es gibt über eine Menge Stationen zu berichten. Hans Glaser beschreibt natürlich einseitig die württembergische Sichtweise, aber objektive Zeugnisse gibt es in der Geschichtsschreibung grundsätzlich nicht. Glasers Schilderung ist eine wertvolle Ergänzung zur pfalzgräfischen Sichtweise, der Schwartzerdt-Chronik, die sehr detailliert auf die Geschehnisse in Bretten eingeht. Dafür befragt Schwartzerdt explizit Konrad von Sickingen und Erpf Ulrich von Flehingen als zwei Teilnehmer der Verteidigung. Diese beiden erhalten die Gelegenheit ihres Lebens, dem Schultheiß von Bretten vollmundig ihre damaligen Heldentaten in die Feder zu diktieren. Glaser hinterlässt eine Primärquelle, Schwarzerdt eine Sekundärquelle.
Das letzte Wort im „Pfeiferturm“ hatte immer der Stadtpfeifer, der über all das berichtete, was aktuell war. Hierfür waren verschiedene Autoren aktiv, selbst Dr. Alfred Neff war zweimal als Stadtpfeifer aktiv gewesen. Als Rechner und für den Versand des Pfeiferturms war lange Zeit Dr. Otto Beutemüller zuständig. Und so sind viele Brettener und noch mehr Geschichten aus Bretten in diesen historischen Zeugnissen zu finden. Eine vollständige Sammlung gibt es in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe. Der ein oder andere gut sortierte Bretten-Historiker ist sogar stolzer Besitzer dieser 10 Jahrgänge, ich bin es leider nicht. (Stefan Oehler)
